Freitag, 11. Januar 2013
Gute Ratschläge - die Hölle für junge Mamas
Es beginnt schon in der Schwangerschaft - zumindest bei mir war es so. Man kauft sich ein Schwangerschafts-Buch, um sich zu informieren. Man schließt sich einem Forum an, geht regelmäßig zum Arzt und durchstöbert das Internet. An sich ist es eine prima Sache, dass eine neue Mama nicht mehr so unbedarft an diese lebensverändernde Sache heran geht, wie es früher der Fall war. Und doch hat das "neue Wissen" auch viele Nachteile.
Plötzlich hat jeder im persönlichen Umfeld das Bedürfnis, seine Erfahrungen mit einem zu teilen. Man saugt die Informationen auf wie ein Schwamm bis das Gehirn irgendwann "Error" zu rufen scheint.

Einige Themen, die mir bisher untergekommen sind, zu denen es "gute Ratschläge" gibt:
- Stillen
- Babytragen bzw. Tragetücher
- wann soll das Baby sitzen?
- Schranksicherungen (ja, selbst dazu gibt es Kommentare)
- Schlafenszeiten
- Verwöhnen
- Gehfrei, Lauflernwagen etc.
- Beikost
- Kindersitze
- Zucker für Babys
- die ersten festen Schuhe

Richtig schlimm wird es gleich nach der Geburt. Es beginnt schon beim Stillen.
Krankenschwester 1: "Legen Sie das Kind 5 Minuten an jeder Seite an"
Krankenschwester 2: "Legen Sie das Kind 10 Minuten an jeder Seite an"
Hebamme: "Das Kind soll erst eine Seite komplett leer trinken, dann wird gewechselt"

Ja super, Ergebnis: Verwirrte Mama = unglückliches Baby.

Auf Kommentare wie "Geben Sie dem Kleinen doch mal Tee" erwidere ich: "Aber das soll man soch als Stillende gar nicht tun."
Antwort: "Blödsinn, Frühchen bekommen ja auch zuerst über die Flasche und trinken später an der Brust."

Das Problem ist nicht, dass man sich nicht bemühen würde, einer jungen Mama zu helfen, sondern dass einem jeder das Gefühl gibt, er bzw. sie hätte den heiligen Gral zur Hand und man schade seinem Kind eigentlich nur, wenn man es NICHT so macht.
Es dauert eine ganze Weile, bis man wirklich ein Gefühl dafür entwickelt hat, Mama zu sein und die gutgemeinten Ratschläge abschütteln kann. Ab diesem Zeitpunkt ärgert man sich eigentlich mehr über selbige, als dass sie noch irgendwie nützlich wären. So wurde mir zum Beispiel vor kurzem nahe gelegt, meinem Kind, das gerade erst anfängt zu laufen (noch nicht frei!) Schuhe anpassen zu lassen, "damit es einen festeren Stand hat". Meine Antwort, dass man dies eben nicht macht, weil es für das Laufenlernen und die Füße an sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gut ist, wurde mit einem simplen "Aha" kommentiert. Neumodischer Blödsinn, frei übersetzt.

Was mich wirklich stört ist aber, dass vieles einfach gesagt wird, ohne nachzudenken. Mein Kind schläft durch, seit es 6 Wochen alt war. Das ist natürlich prima. Jedoch stellt sich die Frage, ob das wirklich (wie eine Verwandte anerkennend meinte) an "guter Erziehung" liegt. Es scheint Müttern generell schwer zu fallen, es zu akzeptieren, wenn andere Mütter die Dinge anders handhaben als sie es getan haben. Ich schließe mich selbst dabei auch gar nicht aus, vieles was andere Mamas machen, kommt mir im ersten Moment seltsam vor. Aber ich bin mir ganz sicher, dass nicht alle Kinder gleich sind und es immer darauf ankommt, wie sich Mama, Papa und Kind damit am wohlsten fühlen.

Ich befürchte, dass sich die gutgemeinten Ratschläge auch durch die nächsten Jahre ziehen und nie ganz verstummen werden.

Liebe junge Mamas, bei guten Ratschlägen heißt es: Auf Durchzug schalten bzw. das herausfiltern, was WIRKLICH für einen selbst sinnvoll ist. Und macht euch keine Gedanken, das ist ein Lernprozess, leider kommt die Fähigkeit dazu nicht mit dem Baby ins Haus.

Permalink (1 Kommentar)   Kommentieren





Dienstag, 4. Dezember 2012
Der kleine Mann - fehlende Rollenvorbilder?
Vor einigen Wochen las ich das neue Buch von Ildiko von Kürthy, in welchem sie über ihre Schwangerschaft und das erste Jahr mit ihrem Kind berichtet. Eine bestimmte Überlegung kam darin mehr am Rande vor, beschäftigt mich aber seither. Die Autorin überlegte, ob es für einen Jungen überhaupt noch passende Rollenvorbilder gibt auf seinem Weg zum erwachsenen Mann.

Nun, klar ist eins: Das Wort Feminismus ist geläufig und die meisten Menschen, denen man auf der Straße begegnet, werden auch das eine oder andere dazu sagen können. Dass sich Frauen ihre heutigen Rechte hart erkämpft haben, ist unumstritten. Auch das Rollenbild der Frau hat sich stark gewandelt. Liest man einen Roman aus den 1980er Jahren wird man meist noch auf das Rollenmodell "Starker Mann - naive Frau" treffen. Doch allein ein Blick in die Buchhandlungen genügt, um anschaulich zu machen, dass starke Frauen heute mehr denn je gefragt sind. Niemand wird abstreiten, dass es eine fantastische Zeit ist, um eine Frau zu sein. Man kann werden, was man will, sowohl beruflich als auch privat. Konventionen und rechtliche Einschränkungen sind so weit aus dem Weg geräumt, dass es tatsächlich möglich ist, sich als Frau selbst zu erfinden.

Bis zu dem genannten Absatz in diesem Buch kam mir nie der Gedanke: Und was bleibt für die Männer übrig?
Und für mich viel bedeutsamer: Welches Rollenmodell, welche Werte und Eigenschaften werden für meinen Sohn relevant sein auf dem Weg zum Erwachsenen?
Ich glaube nicht, dass der Umkehrschluss zu den ganzen Feministinnen bedeutet, dass Männer "verweichlichen". Wenn Frauen unterdrückt waren, waren Männer dann die Unterdrücker? Die Ernährer der Familie, die Oberhäuper selbiger, die Dominanten? Das klingt alles wenig positiv.
Ich muss ehrlich sagen, ich lehne Sprüche wie "Jungs weinen nicht" kategorisch ab, denn der harte Mann muss nicht sein und ist eine überholte Vorstellung.
Ist es nicht vielmehr so, dass im Grunde sowohl Anspruch als auch Verteilung der Lebensaufgaben gleichmäßiger zwischen den Geschlechtern aufgeteilt werden? Vielleicht ist das ja kein Verlust für das männliche Geschlecht, sondern eher ein Gewinn. Wenn ein Mann z.B. nicht mehr alleine für den Lebensunterhalt seiner Familie verantwortlich ist, nimmt das viele Sorgen. Wenn auch ein Mann sich an der Kindererziehung verstärkt beteiligt, festigt das sehr wahrscheinlich seine Beziehung zu den Kindern und dadurch die Bande, welche die ganze Familie zusammenhalten.

Diese Überlegungen stagnieren an einem gewissen Punkt, denn diese ganze Entwicklung ist gesellschaftlich noch nicht abgeschlossen und wird es sehr wahrscheinlich auch noch nicht sein, wenn mein Sohn erwachsen ist.
Ich verbleibe derweil mit der Überzeugung, dass mein Sohn nicht unbedingt viele Rollenvorbilder braucht, um ein starker, selbstbewusster Mensch zu werden. Und streiche bis dahin Aussagen wie "Jungs weinen nicht" und "Ein Krieger kennt keinen Schmerz" aus meinem Vokabular. Sie haben, wie die Romane aus den 80er Jahren Staub angesetzt und sind muffig geworden - genau richtig zum entsorgen.

Permalink (2 Kommentare)   Kommentieren





Montag, 3. Dezember 2012
Die Technisierung - Verlust von Kultur?
Eigentlich habe ich mich mit knapp 29 Jahren nicht für besonders alt gehalten. Doch mit einem Kind denkt man darüber nach, wie die eigene Kindheit und Jugendzeit war. Dieser Gedanke kam mir neulich, als ich auf meinem Smartphone eine SMS tippte und Junior ganz interessiert zuschaute. Plötzlich war er da, ein eigentlich absurder Gedanke: "Mein Kind wird keine Telefonzellen kennenlernen!"

Es ist nicht unbedingt die Telefonzelle selbst, die bei diesem Gedanken die tragende Rolle spielt, sondern alles wofür sie steht. Ich hatte meine Teeniezeit in den 1990er Jahren. Mein erstes Handy mit 17. Das heißt, wenn ich mit 12/13 Jahren irgendwo unterwegs war und musste zu Hause anrufen oder wollte unbedingt gleich mit einer Freundin reden, musste ich in eine Telefonzelle gehen. Diese waren damals die einzige Möglichkeit, von unterwegs jemanden zu erreichen. In der Schule hatte ich immer 30 Pfennig in der Tasche, falls der Bus nicht kam und ich meine Mutter anrufen musste.
...Ich erinnere mich daran, wie eine ganze Reihe Telefonbücher in der Telefonzelle hingen. Nennt mich sentimental, aber irgendwie ist es ein trauriger Gedanke, dass so etwas nie ein Teil des Lebens meines Sohnes sein wird.

Ich erinnere mich an eine Zeit ohne Handy. Ohne Internet, ohne Whatsapp und E-Mail. An eine Zeit, in der man nicht 24 Stunden am Tag für jeden erreichbar sein musste. Meine Schwester nimmt ihr Handy jeden Abend mit ans Bett. Als wir klein waren, hatten wir noch nicht mal ein schnurloses Telefon. Wenn in der Grundschulzeit eine Freundin anrief, blieb ich im Flur stehen zum telefonieren. Wird mein Kind die Freiheit zu schätzen wissen, die diese technischen Neuerungen mit sich bringen?
Ehrlich gesagt mache ich mir darüber Gedanken, denn ich kann mir nur schwer vorstellen, wie es für ihn sein wird, in einer Welt aufzuwachsen, in der ein Facebook-Profil zum Leben dazu gehört wie der Kakao morgens.
Eine Welt, in der man sich nicht am Tag vorher auf eine Uhrzeit und einen Treffpunkt einigen muss, weil man keine Möglichkeit hat, die Person zu erreichen falls sie nicht auftaucht.

Bin ich also ein Relikt? Wird es meinem Kind seltsam vorkommen, dass ich Lieder aus dem Radio auf eine Kassette aufgenommen habe? Wird es ihm so seltsam vorkommen wie mir die Vorstellung seltsam vorkam, dass bei meiner Mutter als Kind nur Samstags ferngesehen wurde und dass es dann auch nur drei Programme gab?

Ich gebe zu, es macht mir ein wenig Angst, so schlecht einschätzen zu können, wie sehr das Leben meines Kindes mit dem Internet verbunden sein wird und welche Gefahren darin stecken werden. Ich versuche noch auszuloten, wie ich ihn darin unterstützen kann, zu einem Menschen zu werden, der trotz des gesellschaftlichen Drucks fähig ist, eine von Medien unabhängige Person zu sein. Nicht dass er sich davon fernhalten soll, abr er soll unbedingt die Fähigkeit besitzen, zwischen virtuellem und der Realität zu unterscheiden.
Und vielleicht kann ich ihm auch die Vorteile vermitteln, die meine etwas unbequemere, aber dafür geschlossenere (im positiven Sinne, ich war verbunden mit realen Menschen, nicht mit der ganzen Welt) Kindheit und Jugend hatte.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren





Hallo Leser
Ich bin die Mama eines knapp 10 Monate alten Jungen und möchte hier einfach Gedanken und Überlegungen niederschreiben.
Natürlich freue ich mich über Leser, aber hauptsächlich ist der Blog für mich gedacht, denn als neue Mama schwirren einem permanent Gedanken durch den Kopf, man überlegt und zerbricht sich den Kopf. Ernstes, kurioses, lustiges... das ganze Leben verändert sich mit einem Kind, deshalb möchte ich hier meine Gedanken ordnen und ausformulieren.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren